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The Sphere: towards new ecologies of funding in the arts
Vortrag von Eric Bordelau & Olle Saloranta Strandberg
Heutzutage sehen wir sie überall: digitale und weniger digitale Gruppierungen, die sich organisieren, um aus einem System auszusteigen, das im Zombie-Modus feststeckt und uns in ein Nullsummen-Wettbewerbsspiel zwingt. Man sieht aufstrebende, metamorphe Netzwerkkollektive, die darauf abzielen, kollaborative Umgebungen zu schaffen, die ein breiteres Spektrum von Wertbeiträgen und die gemeinsame Nutzung von Ressourcen für den Aufbau einer gemeinwohlorientierten Wirtschaft anerkennen.
"The Sphere" ist ein von Creative Europe finanziertes Forschungsprojekt zur Entwicklung einer digitalen Infrastruktur für die darstellenden Künste. Das Projekt ist inspiriert von den jüngsten Innovationen im Bereich der Distributed-Ledger-Technologien und des Web 3.0 (oder Blockchain) und ermöglicht den verschiedenen Akteuren des Kunst-Ökosystems (Künstler*innen, Kulturschaffenden, Publikum, Kulturorganisationen, einer Vielzahl von Sympathisant*inn und anderen potenziellen Interessengruppen) kreative Kooperationen zu initiieren und neue Finanzierungsstrategien umzusetzen.
Als transdisziplinäres Forschungs- und Kreativprojekt ist The Sphere ein Ort des wechselseitigen Austauschs zwischen künstlerischen Prozessen (Kunstströme) und Finanzierungspraktiken (Wirtschaftsströme). Es zielt darauf ab, eine der zentralen Herausforderungen unserer Zeit pragmatisch anzugehen: das Überdenken nachhaltiger Werteproduktion und -verteilung in einer Zeit tiefgreifender kultureller und ökologischer Veränderungen.
Erik Bordeleau ist Philosoph, Schriftsteller und Organisator der vor kurzem als Forscher an der NOVA-Universität Lissabon im Bereich Kino und Philosophie eingestellt wurde. Er hat mehrere Bücher und Artikel in verschiedenen Sprachen an der Schnittstelle von politischer Philosophie, zeitgenössischer Kunst, Weltkino, Blockchain-Kulturen, Finanzen und Medientheorie veröffentlicht und mit herausgegeben. Eine deutsche Übersetzung seines Buches über die Commons, Das Common des Komunismus. Eine Kartographie, ist Anfang dieses Jahres im Büchner Verlag (2021) erschienen. In Zusammenarbeit mit Saloranta & De Vylder entwickelt er The Sphere, eine Web 3.0-Infrastruktur für die Selbstorganisation in den darstellenden Künsten.
Olle Strandberg ist ein Regisseur und Künstler, der mit Zirkus als Ausgangspunkt arbeitet. In den 2010er Jahren war er Regisseur bei der Kompanie Cirkus Cirkör, wo seine Produktionen über 600 Mal vor einem weltweiten Publikum aufgeführt wurden. Insgeheim interessierte er sich zunehmend für die Krypto-Community, in der er sich irgendwo am Rand des dunklen Waldes verirrt hat. Dort ist Olle zum Gründer und künstlerischen Mitarbeiter der Firma Saloranta & de Vylder sowie zu einem der Initiatoren von The Sphere geworden. Heute ist er auf der Suche nach etwas, das ihn zurück oder vorwärts oder irgendwohin führen kann.
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Für wen ist die Kunst, wer ist der Adressat? Die neuzeitliche Philosophie hatte Kunst (und damit auch Musik) als etwas gedacht, das jeden Menschen berühren kann: als ein Universales, als Ausdruck des Menschseins der Menschen. Alt ist aber auch die Infragestellung dieser Universalität. Angeregt von dieser Kritik entstanden immer wieder neue Kunstformen. Der Rahmen, in dem neue und alte Kunst sich einem Publikum darbieten, wurde hinterfragt. Institutionenkritik sowie die Debatte über die Auswirkungen des westlichen Universalitätsanspruchs haben auch in letzter Zeit dazu geführt, die Trennlinie zwischen Kunst und Leben neu zu verhandeln. Dass sich die Künste auf etwas Gemeinsames beziehen, und sei es auch nur auf eine Öffentlichkeit, ist unumstritten. Gestritten wird darüber, wie dieses Gemeinsame zu verstehen ist.
Commons ist das Stichwort einer aktuellen Debatte, die die gemeinsame Dimension geteilter Güter thematisiert. Natürliche und kulturelle Ressourcen sowie digitale und reale Räume bedingen das gesellschaftliche Miteinander. Angefangen bei Luft und Wasser bis hin zu Bildung und Technologie sind die geteilten Güter Privatisierungsprozessen ausgesetzt. Sind die Künste ein Gemeingut? Machen sie Universales erfahrbar? Geht es in ihnen um ein Gemeinsames im Herzen der geteilten Güter?
Wir laden am Campus Gegenwart Künstler*innen, Kulturproduzent*innen und Theoretiker*innen von den Bereichen Musik über Theater bis hin zur Bildenden Kunst ein, über die gemeinsame Dimension der Kunst und Musik unter gegenwärtigen Bedingungen zu debattieren.