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Vortrag von Shusha Niederberger (Keynote)
Streaming now. Die kulturelle Ordnung der Künste im Wandel
Vortrag von Shusha Niederberger (Keynote)
Der Covid-Lockdown im Kunst- und Kulturbetrieb hat ein Schlaglicht auf die gesellschaftliche Dimension von Kunst geworfen, indem er die Frage nach Zugänglichkeit radikal neu gestellt hat. Gleichzeitig ist aber auch sichtbar geworden, dass dies nicht einfach eine organisatorische Frage ist, sondern das Wesen der Künste selber tangiert – was passiert mit einem Konzert, das man streamt?
Ein interessantes Konzept, über Gemeinschaftlichkeit der Kunst nachzudenken, sind die Commons. Commons bezeichnen Gemeingüter, die von Gemeinschaften erzeugt und verwaltet werden – etwas Drittes zwischen Markt und Staat. Die Digitalisierung hat dieses in den 1960er Jahren bahnbrechende ökonomische Konzept radikal erneuert, und ist ein wichtiger Grund für seine Popularität heute. Was bedeuten die „digital commons“ für die Künste heute? In welcher Weise sind Künste Teil der „cultural commons“, und wo liegen die Grenzen? In welcher Weise fordern digitale Phänomene wie Sampling, Streaming oder Peer-to-Peer Netzwerke die kulturelle Ordnung heraus, und was bedeutet dies für Künstler:innen – aber auch für Vorstellungen der Autonomie der Kunst, von Autorschaft und Werkbegriffen? Ein Vortrag über eine kulturelle Ordnung im Wandel.
Shusha Niederberger forscht und lehrt im Bereich Kunst, Kultur und Digitalität. Sie hat bildende und digitale Kunst in Zürich und Wien studiert, hat die Kunstvermittlung am HEK (Haus der elektronischen Künste) in Basel geleitet (2014-21), und unterrichtet zeitgenössische Netzkultur an der F+F Schule für Kunst und Design in Zürich. Sie war Teil des Forschungsprojektes „Creating Commons“ (2017-2019, IFCAR, ZHDK), das digitale künstlerische Praktiken als Commoning untersuchte. Gegenwärtig schreibt sie an ihrem PHD zu User Data Praxis als Teil des Forschungsprojektes „Latent Spaces – Performing the Ambiguity of Data“ (IFCAR, ZHDK).
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Für wen ist die Kunst, wer ist der Adressat? Die neuzeitliche Philosophie hatte Kunst (und damit auch Musik) als etwas gedacht, das jeden Menschen berühren kann: als ein Universales, als Ausdruck des Menschseins der Menschen. Alt ist aber auch die Infragestellung dieser Universalität. Angeregt von dieser Kritik entstanden immer wieder neue Kunstformen. Der Rahmen, in dem neue und alte Kunst sich einem Publikum darbieten, wurde hinterfragt. Institutionenkritik sowie die Debatte über die Auswirkungen des westlichen Universalitätsanspruchs haben auch in letzter Zeit dazu geführt, die Trennlinie zwischen Kunst und Leben neu zu verhandeln. Dass sich die Künste auf etwas Gemeinsames beziehen, und sei es auch nur auf eine Öffentlichkeit, ist unumstritten. Gestritten wird darüber, wie dieses Gemeinsame zu verstehen ist.
Commons ist das Stichwort einer aktuellen Debatte, die die gemeinsame Dimension geteilter Güter thematisiert. Natürliche und kulturelle Ressourcen sowie digitale und reale Räume bedingen das gesellschaftliche Miteinander. Angefangen bei Luft und Wasser bis hin zu Bildung und Technologie sind die geteilten Güter Privatisierungsprozessen ausgesetzt. Sind die Künste ein Gemeingut? Machen sie Universales erfahrbar? Geht es in ihnen um ein Gemeinsames im Herzen der geteilten Güter?
Wir laden am Campus Gegenwart Künstler*innen, Kulturproduzent*innen und Theoretiker*innen von den Bereichen Musik über Theater bis hin zur Bildenden Kunst ein, über die gemeinsame Dimension der Kunst und Musik unter gegenwärtigen Bedingungen zu debattieren.
www.campusgegenwart.de