Bachelor Figurentheater

Double / UTOPIE / 40 Jahre Studiengang
Figurentheater, Puppentheater, Objekttheater, Materialtheater … wer die Lust am Zimmern von Schubladen für theatrale Subspezies für einen Moment unterdrücken kann, findet Theaterpraktiken vor, in denen menschliche Körper und Dingkörper ihre Bühnenpräsenz teilen und Verhältnisse zum Tanzen bringen.
Dieser „Tanz der Gegensätze“ (Eugenio Barba), in dem jedes Gleichgewicht nur einen Augenblick lang besteht, rückt das Schwergewicht Mensch aus dem Zentrum, um der „irdischen Nachbarschaft“ (Paul Klee) Raum zu geben und Aufmerksamkeit zu schenken.
Wie lernt man, sich selbst zurückstellen, in den Dienst von Dingen zu stellen, sich zu verwandeln und neu zu denken, ohne gleichzeitig Bauchredner zu werden für dasjenige, das nicht menschlich kommuniziert?
Der Figurentheater-Studiengang an der HMDK Stuttgart ist ein unwahrscheinlicher Ort in der Topografie neoliberaler Produktionsstätten. Er schafft Raum (Bewegungsraum, Werkstatt, Bühne, Stadt …) und Zeit (vier Jahre!) um zu beobachten, zu hören, zu suchen, zu spüren und auszuprobieren. Die Erfahrung machen, mittels Theater – metaphorisch und faktisch zugleich – zu berühren und berührt zu sein, zu bewegen und bewegt zu sein.
Figurentheater probt, im Kleinen, die im Großen notwendige Verrückung der Perspektive zu denken und zu praktizieren, vom Menschlichen zum Nichtmenschlichen, von Innen nach Außen, von Tun zum Beobachten ein.
Zwischen den Polen der Pareidolie und der Alterität geht es um ein (utopisches) Empathiepotenzial.
Figurentheater ist eine nicht nur sprichwörtlich kollektive Kunst, es ist ein gesellschaftliches Labor für das Miteinander, weil es nur mit der aktiven Komplizenschaft des Publikums möglich ist, seine Räume, Figuren und Geschichten zu animieren.
Zugleich ist Figurentheater in einer Alltagswelt, in der unser aufdringlichstes Gegenüber häufig ein Bildschirm ist, ein Reservat des Haptischen und der Raumtiefe.
Der Anspruch „faire théâtre de tout“ (Antoine Vitez), aus allem Theater zu machen, gilt im Figurentheater wörtlich: Wir können aus beinahe gar nichts, mit bescheidenen Mitteln oder im Alltag wertlos Gewordenem, auch mit den Überresten unserer akkumulierenden Konsumgesellschaft oder mit bloßen Händen Erfahrungen und Erzählungen in Szene setzen.
Der Figurentheater-Studiengang schreibt sich in die Geschichte der Theaterutopien ein, als Labor für gemeinsames Suchen, Ausprobieren, Scheitern, als Ort an dem auch gefunden werden kann, wonach nicht gesucht wurde, an dem von einer (verbalen oder körperlichen) Sprache in eine andere übersetzt wird, um unsichtbare Netze knüpfen, die in die Vergangenheit zurück- und in andere Künste hineinreichen und um Zukunftsfühler auszustrecken.
von Laurette Burgholzer
Der Studiengang Figurentheater an der HMDK Stuttgart versteht sich als Ort der Lehre und Forschung, an dem entwickelt und unterrichtet wird, was zeitgenössisches Figurentheater heute ist und sein kann, ausgehend von den klassischen und traditionellen Animationstechniken des Figuren- und Puppenspiels.
Das junge Leitungsteam bietet ein neues Ausbildungskonzept an, das sowohl die spezifische Stuttgarter Ausrichtung – die Erarbeitung von theaterfähigem Material (Werner Knoedgen) ausgehend vom bildnerischen Gedanken – beibehält und weiterentwickelt als auch neue Ansätze experimentiert.
STUDIENZIELE UND BERUFSBILD
Im Mittelpunkt des Stuttgarter Studiums steht die künstlerische Autonomie und Eigenverantwortlichkeit der einzelnen Studenten. Die Vermittlung eines breit gefächerten und soliden Handwerks soll ihnen dabei das nötige Werkzeug bereitstellen. Hierzu gehört das Studium traditioneller wie auch zeitgenössischer Animationstechniken.
Ziel ist es, das kreative Ausdruckspotential sowie die Persönlichkeit der einzelnen Studenten zu fördern und kritisch zu begleiten, um innovative Theaterschaffende auszubilden, die die zeitgenössische Theater- und Kunstwelt selbstbewusst mit gestalten werden.
Sie sollen sich als freie oder im Ensemble engagierte Kunstschaffende im gesellschaftlichen und ästhetischen Kontext positionieren können und dabei die Fähigkeit entwickeln, sich in den gegenwärtigen künstlerischen Diskurse einbringen zu können.
Der Studiengang schafft die Voraussetzungen zur Ausübungen des Berufs als Figurenspieler auf der Bühne sowie bei Film und Fernsehen.
STUDIENINHALTE
Das Stuttgarter Studium Bachelor Figurentheater bildet aus in den Bereichen Objekttheater, Puppenspiel, Materialtheater und Film. Der Studiengang ist ein 8 Semester umfassendes eigenständiges Studium, das sich in zwei 4-semestrige Phasen unterteilt.
Das intensive Grundstudium (Semester 1–4) dient der Erarbeitung von spielerischen und gestalterischen Grundlagen der Animation. Begleitende Unterrichtsfächer sind Sprecherziehung, Gesang, Schauspiel, Bewegung sowie bildnerische Konzeption und Gestaltung (Figurenbau, Szenographie). Angewandte Dramaturgie, Regie- und Inszenierungsgrundlagen und Theorieunterricht sind ebenfalls Teil des Grundstudiums, das mit der Zwischenprüfung abgeschlossen wird.
Im Hauptstudium (Semester 5–8) liegt der Schwerpunkt auf Inszenierungsprojekten; gleichwohl werden die Fächer des Grundstudiums im 3. Studienjahr weitergeführt. Im 4. Studienjahr bietet das neue Stuttgarter Modell die Möglichkeit der Profilbildung. Die Studierenden spezialisieren sich gegen Ende ihrer Ausbildung und setzten für ihre Bachelor-Abschlussarbeit einen Schwerpunkt innerhalb der Bereiche Spiel / Interpretation, Regie / Konzeption oder Figurenbau / Konzeption.
Die Ausbildung beinhaltet Kooperationen mit anderen Studiengängen innerhalb der Hochschule (Musik / Gesang, Sprechkunst, Oper und Theater).
Seit 2013 ist das Figurentheater mit regelmäßigen Produktionen im hochschuleigenen Wilhelma Theater vertreten.
Studienplan
Hier geht es zu Modulbeschreibungen
ANSPRECHPERSONEN
Leitung
Stellv. Leiterin
Assistent der Leitung Studiengang Figurentheater
Sekretariat
Werkstattleitung Figurentheater
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