Antrittskonzert Prof. Martin Funda

    Antrittskonzert Prof. Martin Funda

    Kurz nach seiner Berufung an die HMDK Stuttgart stellte sich Prof. Martin Funda essentiellen Fragen der jüngst verstorbenen Kollegin Sabine Kraut. Das Interview aus unserem Spektrum-Magazin 32 stellen wir Ihnen in Auszügen als Einstimmung zum Antrittskonzert unter der Motto "Frei und offen musizieren und kommunizieren" vor:

    Lieber Martin, wir sind froh, dass mit Deiner Berufung eine größere Kontinuität in einem Bereich möglich sein wird, der allen Kolleginnen und Kollegen sehr am Herzen liegt. Wie und in welchem Alter bist Du zur Kammermusik gekommen?

    Durch mein musikalisches Elternhaus bin ich schon sehr früh mit dem gemeinsamen Musizieren in Berührung gekommen. Das erste feste Ensemble (Klaviertrio) gründete ich mit zwei Schulfreunden im Alter von neun Jahren, für die ersten regionalen Wettbewerbe und Konzerte in meiner Heimatstadt Gera.

    Wann ist sie für Dich zum Mittelpunkt Deiner Arbeit geworden?

    Ich hatte immer Spaß und Freude mit anderen Musikerinnen und Musikern gemeinsam zu musizieren. Schon während meiner Schulzeit am Musikgymnasium Schloss Belvedere in Weimar spielte ich in mehreren  Ensembles und die Kammermusik war für mich stets ein wichtiger Bestandteil neben dem Solofach. Entscheidend für die Gründung des Armida Quartetts war, dass drei meiner Freunde gleichzeitig mit mir 2005 ihr Studium in Berlin aufnahmen. Aus Interesse am Unterricht des Artemis Quartetts an der Universität der Künste Berlin fanden wir uns als Quartett zusammen. Jeder von uns hatte schnell das Gefühl, dass wir als Ensemble gut harmonieren, somit investierten wir ab 2008 viel Zeit mit Proben, Organisation und Planung des Quartetts. Nach den ersten kleineren Wettbewerben und selbst organisierten Konzerten haben wir uns nach und nach ein Repertoire für die großen Wettbewerbe aufgebaut. Spätestens mit Gewinn des Concours de Genève (2011) und dem ARD-Musikwettbewerb (2012) war der Weg für eine gemeinsame Zukunft geebnet.

    Welche Lehrer waren für Dich und für Euer Quartett prägend, sei es vom Hören oder durch Unterricht, und warum?

    Die Liste ist wirklich lang... Meinen ersten Kammermusikkurs belegte ich in Weimar bei Norbert Brainin. Ich erinnere mich auch gut und gerne an Anekdoten von den skurrilsten Reiseabenteuern des Amadeus Quartetts, wo ich hin und wieder gewisse Parallelen auf unseren Reisen sehe. Studiert haben wir beim Artemis Quartett, hier lernten wir, neben den vielen musikalischen Aspekten, auch, wie wir unseren Quartettweg weiter organisieren und optimieren können. Ganz besonders gefördert wurden wir von der damaligen ersten Geigerin Natalia Prishepenko und Friedemann Weigle, die uns auch in schwierigen Momenten ermutigt haben, weiter dran zu bleiben. Darüber hinaus studierten wir bei Rainer Schmidt (Hagen Quartett) in Basel und historische Aufführungspraxis bei Reinhard Goebel (Salzburg). Kurse sind immer eine tolle und einzigartige Inspiration, so war es für uns eine Ehre mit Alfred Brendel und Walter Levin arbeiten zu dürfen. Darüber hinaus schätze ich sehr den regelmäßigen Austausch mit unseren Kammermusik-Partnerinnen und -partnern wie z.B. Jörg Widmann, Tabea Zimmermann, Julian Steckel, Eckhart Runge und Kit Armstrong.

    Welchen Stellenwert sollte Deiner Meinung nach die Kammermusik im Studienalltag einnehmen?

    Die Kammermusik für Bachelorstudierende ist neben dem Solostudium meiner Meinung nach ein sehr wichtiges Fach. Es ist doch ein großes Geschenk, wenn man aus den vier Wänden seines Überaumes kommt, um sein Repertoire gemeinsam mit Kommiliton*innen zu erweitern und die unterschiedlichsten Interpretationsansätze direkt ausprobieren kann. Wo sonst hat man die Zeit und Möglichkeit, Harmonik und Melodik so intensiv auf den Grund zu gehen. Sicherlich ist es für alle Studierenden spannend, über den eigenen Tellerrand zu schauen und Anregungen von den vielen Kammermusikprofessor*innen der Hochschule, aber auch von den Mitspielerinnen und Mitspielern zu bekommen. Man entwickelt eine gewisse Sensibilität, die später in den unterschiedlichsten Berufsfeldern von Nutzen ist.
     
    Welche (musikalischen) Werte lassen sich besonders oder nur im Kammermusikunterricht vermitteln?

    Bei intensiver Arbeit in einem Kammermusikensemble mit Musikerinnen und Musikern verschiedenster Herkunft, Arbeitsweisen und Erfahrung lernt man zwangsläufig einen respektvollen Umgang miteinander, (musikalische) Kompromisse einzugehen, Kritik am Spiel des anderen respektvoll zu äußern bzw. anzunehmen und manchmal schlicht und einfach das Ego hinten anzustellen. Am Ende geht es darum, sich für das große Ganze einzusetzen und Verantwortung füreinander zu übernehmen.

    Welche Lehrinhalte gehören für Dich zu einem Kammermusikstudium?

    Die Erweiterung des Repertoires und dabei interpretatorische Sicherheit in allen Epochen zu gewinnen, dazu gehört auch, zeitgenössische und unbekanntere Werke zu entdecken! Probenarbeit der Ensembles optimieren, so dass nach dem Studium das selbstständige Erarbeiten neuer Stücke gelingt. Gemeinsam Konzertprogramme entwickeln, die das Publikum neugierig machen und von den Ensembles im Klassenabend moderiert werden. Mögliche langfristige Wege einer professionellen Konzerttätigkeit aufzeigen und besprechen. Zu guter Letzt spielt die Ensembleorganisation eine große Rolle, eine sinnvolle Probenplanung bis zum Konzert oder Wettbewerb kann entscheidend sein.

    Gibt es Lehrveranstaltungen, die unbedingt angeboten werden sollten, und die Du vielleicht selber nicht mitbekommen hast – oder Werte und Kompetenzen, die Du vermitteln möchtest und die du bei Deinen bisherigen Studierenden vermisst?

    Ich möchte Studierende dazu ermutigen, zielstrebig zu arbeiten, Eigenverantwortung zu übernehmen und eine oftmals abwartende Haltung abzulegen. Neben der Weitergabe von Technik und unterschiedlichen interpretatorischen Ansätzen lebt der Unterricht von gegenseitigem Austausch von Gedanken und Ideen. Als besonderes wichtig in der heutigen Zeit erachte ich eine gewisse Flexibilität, und sich als Musiker*in breit aufzustellen, da sich das Musikerleben stets verändert und sehr vielfältig sein kann. Mit Auftritts- und Mentaltraining lernt man sich selber und seinen Umgang mit Problemen wie Lampenfieber genauer kennen.

    Wie siehst Du aus Deiner Erfahrung heraus den Alltag des Quartettmusikers? Kannst Du solch eine Laufbahn jungen Musiker*innen anraten?

    Mein Alltag als Quartettmusiker umfasst neben dem Üben und Proben auch viel Kommunikation im Quartett und mit der Agentur. Glücklicherweise kann man die unterschiedlichen Aufgaben wie z. B. Reise- und Programmplanung, Austausch mit der Agentur, Finanzierung von Projekten, Akquise neuer Kontakte auf die vier Mitglieder aufteilen. Man verbringt mitunter viel Zeit am PC, was einen leider oftmals zu lang von den essentiellen musikalischen Aufgaben abhält. Von jedem Mitglied wird ein immenser Aufwand gefordert, um eine erfolgreiche kontinuierliche Quartettarbeit zu gewährleisten. Ein Quartett funktioniert auf Dauer tatsächlich nur, wenn alle Mitglieder an einem Strang ziehen und musikalisch bestmöglich in ihrem Solofach ausgebildet sind, um sich auf dem sehr kleinen Markt der Kammermusik behaupten zu können.

    Was ist Dir beim eigenen Musizieren besonders wichtig?

    Genau und ergebnisorientiert zu arbeiten, dabei meine Persönlichkeit nicht zu verstellen und immer offen für Neues zu bleiben. Frei und offen musizieren und kommunizieren ist mir sehr wichtig.