Veranstaltungen
Wissenschaft am Abend // Tradition und Revolte
Zur Interpret*innen-Generation *1940–60
Wir freuen uns sehr, Sie zu einem besonderen Vortrag in unserer Reihe „Wissenschaft am Abend“ in die HMDK Stuttgart einladen zu können: Am kommenden Mittwoch, 7. Juni ist Prof. Dr. Lukas Haselböck zu Besuch von der Musikuniversität Wien, um ein Porträt der zwischen 1940 bis 1960 geborenen Generation von Musiker*innen zu zeichnen. Das Vorhaben ist dem aktuell in der Entstehung begriffenen Band 4 der Geschichte der musikalischen Interpretation im 19. und 20. Jahrhundert (hrsg. v. Heinz von Loesch / Rebecca Wolf / Thomas Ertelt) entlehnt, welcher den anspruchsvollen Versuch eines Überblicks zu Interpret*innen-Generationen von Beethoven (1770) bis Andris Nelsons (1978) entlang allgemeiner (musikalischer) Konzepte und Tendenzen unternimmt.
Lukas Haselböcks Vortrag mit dem Titel "Tradition und Revolte. Zur Interpret*innen-Generation *1940–60“ beginnt um 18 Uhr an der HMDK Stuttgart (Raum 8.28); anschließend sind Sie wie immer herzlich zur Diskussion eingeladen.
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Tradition und Revolte. Zur Interpret*innen-Generation *1940–60
Das Nachdenken darüber, wie man die Interpret*innengeneration *1940–1960 und die Tendenzen ihrer Zeit näher fassen könnte, führt in das Spannungsfeld der Begriffe »Tradition« und »Revolte«. Denn die 1960er und 1970er Jahre waren durch Umbrüche geprägt, deren Auswirkungen zum Teil bis heute spürbar sind. Die Friedensbewegung, ökologische Initiativen, die Sehnsucht nach sexueller Befreiung, der Kampf um Freiheit und Selbstverwirklichung, die Frauenbewegung sowie das Einfordern von Minderheitenrechten können hier Erwähnung finden. Diese gesellschaftlichen und politischen Wandlungen, als deren Brennpunkt das Jahr 1968 verortet werden kann, hinterließen ihre Spuren in Wissenschaft und Kunst und letztlich unter anderem auch im Interpretentum. Dennoch sollte man sie nicht als »Revolutionen« (als tiefgreifende, dauerhaft wirksame Umwälzungen) begreifen: Einige der von der »Protestgeneration« artikulierten Anliegen wurden durch die Vereinnahmung des Mainstreams und der Musikindustrie außer Kraft gesetzt, andere sind bis heute nicht eingelöst. Treffender wäre es also, von »Revolten« zu sprechen, die (im großen historischen Kontext betrachtet) kurzfristig – für einige Jahre, zum Teil gar Jahrzehnte – eine enorme Sprengkraft entwickelten. Sie lassen sich als antiautoritäres Aufbegehren fassen, mit dem eine Neukonzeption von Klang bzw. Sound einherging, und das in den 1970ern seine Spuren nicht nur in Rock und Pop, sondern auch in der neuen Musik und in der historischen Aufführungspraxis hinterließ. Dieser These soll in Bezug auf einige Beispiele konkret nachgegangen werden.
Lukas Haselböck, geboren 1972 in Wien, studierte Musikwissenschaft, Komposition und Gesangspädagogik in Wien und wurde dort mit einer Arbeit über Max Regers Spätwerk promoviert. Seit 2001 lehrt er am Institut für Musikwissenschaft und Interpretationsforschung an der Wiener Musikuniversität. Er hielt zahlreiche Vorträge, organisierte Symposien und publizierte Schriften v.a. über die Musik des 20. Jahrhunderts. Als Komponist schrieb er Kammermusik, mehrere Solokonzerte und Opern. Als Sänger wirkt er regelmäßig in Vokalensembles mit. Siehe auch www.lukashaselboeck.com