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LAURA
Sunset Balcony
Eine starke Metapher für die Gedankenwelt einer Musikerin liefert der Titelsong des gleichnamigen Albums „Sunset Balcony“ der Sängerin Laura. Der Balkon symbolisiert einen kreativen Ankerpunkt, einen Ort der Begegnung, des Austauschs mit vertrauten sowie neuen Menschen, der widersprüchliche Gefühle auslöst. „Das Gefühl, zu Hause zu sein, und das Gefühl, der Außenwelt ausgesetzt zu sein. Das Gefühl der Freiheit gepaart mit dem Gefühl, an einem sicheren Ort zu sein“, beschreibt es Laura.
Es gibt diesen Balkon wirklich, in Paris, wo sich die 27-Jährige zuletzt oft aufgehalten hat, liegt sie doch in den letzten Zügen ihres Psychologiestudiums an der Université de Paris. Ein Fundament, das ihr wichtig ist und in ihren Texten Nachhall findet. Obwohl das viele gar nicht mehr für nötig hielten. Hatte Laura, damals noch mit ihrem Nachnamen Kipp unterwegs, doch schon von 2017 an in der Stuttgarter Jazzszene wie im BundesJazzorchester (BuJazzo) mit ihrem musikalischen Talent auf sich aufmerksam gemacht, ihrer Stimme und ihrem Charisma Größen wie Quincy Jones, Dee Dee Bridgewater oder Jacob Collier von sich überzeugt. Im selben Jahr begegnete sie auch dem Bassisten Jens Loh, mit dem sich schnell eine natürlich resonierende Kreativgemeinschaft ergab: Seine Kompositionen und ihre Texte fügen sich wie von selbst zusammen.
Schnell war auch das perfekte Team um Laura und Jens gefunden. Mit dem in allen Stilen bewanderten Schlagzeuger Eckhard Stromer, dem französische Pianist, Keyboarder und Bill Evans-Schüler William Lecomte und nicht zuletzt Cornelius Claudio Kreusch als Produzent legten Laura und Loh schon 2021 mit „Quiet Land“ mehr als eine Talentprobe vor. Mit „Sunset Balcony“ ist dieses harmonierende Traumduo nun den nächsten Schritt gegangen. Reife und Lebenserfahrung fließen in die authentischen und berührenden Texte ein. Der Song „Oh, I Could Write A Book“, trifft den Nagel auf den Kopf.“ Und der „Bartender“ des gleichnamigen Songs hat tatsächlich ein Vorbild im realen Leben.
Weil hier jeder so intensiv mit den Fähigkeiten des anderen vertraut ist und man einen gemeinsamen Nenner gefunden hat, kann man sich selbstsicher über die Brüstung des Balkons hinauslehnen. Und so ist „Sunset Balcony“ noch bunter und stilistisch offner als „Quiet Land“, ohne seine Handschrift zu verlieren: Von der popnahen Hymne des Titelstücks zu Einstieg geht es über das Hip-Hop-beeinflusste „Poke Bowl“ oder das chansonesque „Bénodet“ bis zum fast psychedelisch angehauchten „Prayer“. Der Funk lugt bei „Johnny the Fly“ und „Dance Into The Light“ um die Ecke, sehr folkig wird es bei „Forever In A Blink“, im Blues schwelgt „Bartender“ und beim Musette-Jazz von „Narcís“ steuert der Sänger und Gitarrist Carles Denia ein starkes katalanisches Element bei, noch unterstrichen durch das lyrische Baritonsaxofon des Franzosen Eric Séva.
Weitere herausragende Gäste runden das Bild ab: Die alten Freunde Christoph Neuhaus an der Gitarre und Paulinho Vincente an Perkussion mischen bei jeweils drei Stücken mit, der junge Trompeter Jakob Bänsch, eines der größten Talente der europäischen Jazzszene, auf zwei. Das leinwandfüllende „Oh I Could Write A Book“ bekommt nicht nur durch ein Streichquartett die erwünschte, von William Lecomte kongenial arrangierte orchestrale Grandezza, sondern auch durch den Hornisten Joachim Bänsch und die in allen Facetten ihres Instruments bewanderte Flötistin Isabelle Bodenseh.
So ist „Sunset Balcony“ ein Album geworden, dessen Musik sich in Richtung Zukunft bewegt, doch auf dem Weg nostalgisch einen Blick zurück über seine Schulter wirft. Auf die realen und emotionalen Widersprüche zwischen Melancholie und Optimismus, mit denen wir alle mehr denn je leben müssen. Auf den Sonnenuntergang vom Balkon.
Laura Kipp, voc
Jens Loh, b
William Lecomte, p
Eckhard Stromer, dr
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