Concerts and events
Joseph Haydn: Orlando Paladino
Orlando Paladino
Musik: Joseph Haydn, Text: Nunziato Porta
UA: 1782, Schloss Eszterháza
Opernproduktion der Opernschule der Staatlichen Hochschule für Musik und Darstellende Kunst Stuttgart
Warum Nunziato Porta und Joseph Haydn ihre 1782 uraufgeführte Oper Orlando Paladino genannt haben und nicht bei Ariosts Titel Orlando furioso geblieben sind, ist nicht bekannt. Vielleicht musste der besseren Unterscheidung wegen der rasende Roland dem treuen Anhänger Roland weichen. Inhaltlich lässt sich eine solche Umbenennung nur schwerlich nachvollziehen. Die beiden Autoren erzählen nämlich gerade nicht den Moment von Rolands treuer Gefolgschaft sondern den Moment des kompletten außer sich seins. Jeden, den er trifft, bedroht Orlando mit der Waffe und sein Gegenspieler Rodomonte tritt nie auf, ohne jemanden totschlagen zu wollen. Den Gegenpol dazu bildet auch keine romantische Liebesgeschichte, sondern die Furcht aller vor der männlichen Gewalt als die andere Seite dieser Medaille. Angelica, Orlandos Objekt der Begierde, hat zwar ein inniges Wiedersehensduett mit ihrem Liebhaber Medoro, aber ansonsten herrscht auch hier nur dunkle Vorahnung und Todesangst. Lediglich das Buffo-Paar durchbricht den Bann des Grauens, wobei dessen Duett mit seinem bei Papa Haydn kaum vermuteten Lustgestöhne mehr erotisch-sexuell als verliebt-romantisch vertont wurde.
Die Inszenierung der Opernschule stellt sich der Herausforderung dieser Materie und verabschiedet sich komplett vom pittoresken Rokoko-Idyll. Sie nimmt die Gewalt, die Angst, den Schmerz, die Liebe und die Sexualität, die die Autoren den Figuren mitgegeben haben, ernst. Orlandos Raserei wird als das gezeigt, was sie ist: als Amoklauf. In einem unsicheren, an jeder Stelle durchlässigen Raum sind die Protagonisten einer permanenten Bedrohung ausgesetzt. Und zu unserem nicht geringen Erstaunen trägt Haydns Musik diese Kraft in sich und stützt die Figuren in ihrem existentiellen Kampf. So entpuppt sich wieder einmal Haydn als der ewig Unterschätzte, den man nie härter und direkter sah, als in seinem rasenden Orlando paladino.
Mit: Alice Chinaglia, Chulhei Cho, Alice Fuder, Taxiarchoula Kanati, Tianji Lin, Maja Majcen, Thembinkosi Mgentyengana, Philipp Nicklaus, Philipp Schulz, Jeanne Seguin, Simon Stricker
Es spielt das Stuttgarter Kammerorchester
und Studierende der Bläserklassen
Musikalische Leitung: Bernhard Epstein
Regie: Bernd Schmitt
Bühne und Kostüme: Birgit Angele
Werkeinführung jeweils 30 min vor Vorstellungsbeginn im Foyer
Inszenierung empfohlen ab 14 Jahren